Es wird mehr Kleidung produziert, konsumiert und weggeworfen als je zuvor, was einen immensen Druck auf unseren Planeten und die 60 Millionen Beschäftigten der Branche weltweit ausübt. Deshalb fordert eine neue Kampagne, die heute vom European Environmental Bureau (EEB) und 24 zivilgesellschaftlichen Organisationen aus der Europäischen Union gestartet wurde, die Staats- und Regierungschefs der EU auf, dringend Maßnahmen zur Eindämmung des Sektors zu ergreifen. Auch wir sind dabei!
"Die Textilindustrie ist eine der größten Umweltverschmutzer*innen und beutet oftmals aus. Unsere neue Kampagne zur Textilwende fordert eine radikale Veränderung der Art und Weise, wie Kleidung hergestellt, verkauft, getragen - und wieder getragen wird", erklärte Patrizia Heidegger, Direktorin für globale Politik und Nachhaltigkeit beim EEB. "Dieses Jahr haben die Staats- und Regierungschefs der EU die Chance, eine ehrgeizige Textilstrategie zu unterstützen, die auf Fairness und Nachhaltigkeit basiert. Es ist an der Zeit, die Mode von dem Streben nach immer mehr Wirtschaftswachstum abzuwenden, das mit dem Stoppen weiterer Umwelt- und Klimazerrüttung und der Verringerung globaler Ungleichheiten unvereinbar ist", so Heidegger weiter.
Textilboom
Immer kürzere Umschlagszeiten bedeuten, dass sich die Bekleidungsproduktion weltweit vom Jahr 2000 bis 2014 verdoppelt hat. Inzwischen werden jährlich mehr als 150 Milliarden Kleidungsstücke produziert und 73 % aller Textilien landen auf der Deponie oder in der Verbrennung.
Im Dezember haben neue Untersuchungen der Europäischen Umweltagentur gezeigt, dass Textilien nach Nahrung, Wohnen und Transport die viertgrößte Ursache für Umweltbelastungen sind. Textilien verursachen auch den zweithöchsten Druck auf die Landnutzung und tragen am fünftgrößten zu den Kohlenstoffemissionen aus dem Verbrauch der Haushalte bei.
Zeit für EU-Maßnahmen
Die EU-Umweltminister*innen haben die Europäische Kommission aufgefordert, eine Strategie zu entwickeln, um den Sektor von nicht nachhaltigen Produktions- und Verbrauchsmustern wegzurücken. Der Sektor wurde im Rahmen des ‚Europäischen Grünen Deals‘ von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen als eine Priorität hervorgehoben. Es wird erwartet, dass die Kommission auch Vorschläge für Textilien in ihrem Aktionsplan für die neue Kreislaufwirtschaft unterbreitet, der am 4. März veröffentlicht werden soll.
Stephane Arditi, Policy Manager für die Kreislaufwirtschaft beim EEB, sagte dazu: "Die Kommission wird voraussichtlich Vorschläge für Textilien in ihrem Aktionsplan für die neue Kreislaufwirtschaft vorlegen: Das heutige Textilwirtschaftssystem macht einen übermäßigen Verbrauch viel zu einfach, was zu einem enormen Abfallaufkommen führt. Aber wir können uns nicht aus dem Problem herausrecyceln - die Produkte müssen länger genutzt und Abfall überhaupt vermieden werden. Genau wie bei den Einweg-Kunststoffen müssen die Regierungen dringend Maßnahmen ergreifen, um Optionen wie Reparatur, Vermietung, gemeinsame Nutzung und Austausch zugänglicher zu machen. Es ist wichtig, dass bessere Informationen darüber verfügbar sind, woraus unsere Kleidung besteht, und dass Designanforderungen für giftfreie Materialien entwickelt werden, die immer wieder verwendet werden können".
Auswirkungen auf das Klima
Die UNO gibt an, dass der Textilsektor für 8 bis 10 % der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich ist und schätzt, dass die Mode bis 2050 für ein Viertel aller Kohlenstoffemissionen verantwortlich sein könnte. Arditi fügt hinzu: "Beim Klimaschutz geht es nicht nur darum, die von uns verbrauchte Energie zu dekarbonisieren, es geht auch darum, die Art und Weise zu ändern, wie wir überhaupt produzieren und konsumieren, indem wir die Art und Weise, wie wir Produkte herstellen, verwenden und wiederverwenden, überdenken - und das schließt Textilien ein".
Textile Transformation entscheidend für die Verwirklichung der gloabeln Ziele für nachhaltige Entwicklung
Im Jahr 2019 machte Schweden Schlagzeilen, indem es die Modewoche absagte, und weltweit standen Menschen auf der ganzen Welt in Rahmen von Initiativen wie dem „Kauf-Nix-Tag“, „Second Hand September“ und „Extinction Rebellion“ für eine langsamere Mode ein. Doch das Jahr endete tragisch mit einem Brand in einer Bekleidungsfabrik in Neu-Delhi, bei dem 40 Arbeiterinnen und Arbeiter ums Leben kamen.
Dazu meint Patrizia Heidegger: "Diejenigen, die an der Frontlinie der Verschwendung und Verschmutzung der Textilindustrie stehen, sind die Millionen von nicht vertretenen Arbeiter*innen, die die Kleidung herstellen, die in der ganzen Welt verkauft wird. Angesichts der Tatsache, dass sich 193 Regierungen dazu verpflichtet haben, im Rahmen der globalen Ziele für eine nachhaltige Entwicklung (SDGs) weltweit einen verantwortungsvollen Konsum und eine verantwortungsvolle Produktion zu erreichen, müssen alle Unternehmen verpflichtet werden, Maßnahmen zu ergreifen, um Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung entlang ihrer Lieferketten zu verhindern und abzuschwächen.“
Im Jahr 2020 werden die Organisationen, die hinter der Kampagne „Textilwende“ stehen, eine Vielzahl von Sensibilisierungs- und Advocacy-Aktivitäten in der gesamten EU durchführen. Informationen über die Aktivitäten der Kampagne werden hier aktualisiert.
AWO International engagiert sich im Rahmen der Kampagnen #textilwende und der zivilgesellschaftlichen Initiative für ein Lieferkettengesetz für einen nachhaltigen Umbau der Weltwirtschaft. Machen Sie mit und teilen Sie die Kampagne auch auf Ihren Social Media Kanälen - alle Materialien können Sie sich hier herunterladen:
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Wenn Sie das Thema "Globale Textilkette" in Ihren Bildungsangeboten aufgreifen möchten, finden Sie in unserem Reader Globales Lernen in der Freien Wohlfahrtspflege und der ausleihbaren Methodenbox Methoden und Tipps.