Am Abend des vergangenen Dienstags (13.5.) kündigte Präsident Bukele an, das im November 2021 – durch massive internationale Proteste - verhinderte „Gesetz über ausländische Agenten“ wieder ins Parlament zu bringen. Kaum ein internationaler staatlicher oder privater Geldgeber könnte unter diesen Umständen weiterhin Unterstützung für zivilgesellschaftliche Organisationen im Land leisten. Die Folgen wären fatal für die internationale Zusammenarbeit im Land und die Arbeit zahlreicher Organisationen, die zehntausenden Menschen in El Salvador Zugang zu Grundrechten wie Gesundheit, Bildung oder Kultur ermöglichen.
Der Vorwand für die Ankündigung, das Gesetz in den Kongress einzubringen, war die friedliche Versammlung von Familien der Bauerngemeinschaft El Bosque am 12. Mai, die nahe der Residenz des Präsidenten gegen eine drohende Zwangsräumung protestierten. Die Versammlung der anwesenden Familien, darunter auch Kinder, wurden von Polizei und Militär gewaltsam unterdrückt. José Ángel Pérez, Pastor der Elim-Kirche, und Alejandro Henríquez Flores, Anwalt der Kooperative, wurden festgenommen, weil sie die Demonstration in San Salvador begleitet hatten. Sie wurden unter dem Vorwurf der „Störung der öffentlichen Ordnung“ festgenommen. Das sind keine Einzelfälle, sondern ähneln den Verhaftungen anderer regierungskritischer Stimmen der vergangenen Jahre. Dazu kommt die jüngste Inhaftierung von Fidel Zavala, einem Menschenrechtsverteidiger ländlicher Gemeinden, der den Staat verklagt hatte, weil er nach einer früheren Festnahme gefoltert worden war. Zavala befindet sich seit dem 2. April im Gewahrsam derselben Wärter, die er angezeigt hatte.
Am 18. Mai verhaftete die Nationale Zivilpolizei (PNC) spät nachts die Menschenrechtsanwältin Ruth López. Als Leiterin der Antikorruptionsabteilung der Nichtregierungsorganisation Cristosal ist López eine der bekanntesten Stimmen, die die Menschenrechtsverletzungen der Regierung von Nayib Bukele anprangern. Wie die anderen Aktivist*innen und die Mehrzahl der unter dem Ausnahmezustand gefangen genommenen Personen durfte sie bisher nicht mit ihren Angehörigen kommunizieren. Das Ziel sowohl der Verhaftungen als auch der Wiedereinführung des Gesetzes ist klar: die kritische Zivilgesellschaft zum Schweigen zu bringen, zu verbieten oder ins Exil zu vertreiben.
Die unterzeichnenden Organisationen verurteilen die Angriffe der Regierung von Nayib Bukele auf Menschenrechtsverteidiger*innen in El Salvador. Wir fordern die salvadorianischen Behörden auf, Ruth López, José Ángel Pérez, Alejandro Henríquez und Fidel Zavala, sowie alle anderen unrechtmäßig verhafteten Menschenrechtsverteidiger*innen unverzüglich freizulassen und ihr Recht auf ein ordnungsgemäßes Verfahren zu gewährleisten. Wir fordern die Beendigung der Instrumentalisierung der Justiz und des Ausnahmezustands für die Verfolgung regierungskritischer Stimmen.
Außerdem appellieren wir an die salvadorianische Regierung, das Agentengesetz zu überdenken, das die Einstellung der Arbeit von Organisationen bedeuten würde, die für die Menschenrechte von allen Salvadorianer*innen von grundlegender Bedeutung sind.
Unterzeichnende Organisationen:
Adveniat
AWO International
El Salvador-Koordinationsgruppe von Amnesty International Deutschland
Flüchtlingshilfe Mittelamerika e.V.
Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika (FDCL)
Guatemala Solidarität Österreich
INKOTA-netzwerk
Kindermissionswerk
medico international
medico international schweiz
MISEREOR
Ökumenische Büro für Frieden und Gerechtigkeit e.V.
Transparency International