6,4 Millionen Ukrainer*innen mussten bereits ins europäische Ausland fliehen, über 6,6 Million Menschen sind als Binnenvertriebene innerhalb des Landes auf der Flucht. “Wir verteilen weiterhin täglich Essen am Lviver Hauptbahnhof. Es gibt immer noch Menschen, die vor den russischen Angriffen im Süden und Osten eine Zuflucht im Westen der Ukraine suchen”, berichtet Yuriy Lopatynskyy, Leiter unserer Partnerorganisation Walnut House in Lviv.
Die Bedürftigkeit der Binnenvertriebenen, besonders der Menschen, die zu Beginn der russischen Invasion fliehen mussten, nimmt stetig zu. Die Vereinten Nationen berichten, dass viele der Binnenvertriebenen ihre Ersparnisse bereits aufgebraucht haben und sich die Mieten und Heizkosten aber auch Lebensmittel und Hygieneprodukte nicht mehr leisten können. Gemeinsam mit AWO-Verbänden aus ganz Deutschland sowie lokalen Partnerorganisationen konnten wir seit Februar 2022 insgesamt 162.428 bedürftige Ukrainer*innen in der Ukraine, Polen und Rumänien unterstützen. Unter anderem erhielten 3.800 Menschen durch unsere Partner eine psychosoziale Notfallversorgung, weil viele Familien mit Flucht, Verlust, Trauer und Ängsten umgehen müssen. AWO International hat bei 24 Hilfstransporten 108 Tonnen Hilfsgüter bewegt. Diese wurden mit Kleintransportern, LKWs und sogar mit Güterzügen an ihr Ziel gebracht. Davon waren 58 Tonnen Lebensmittel, 28 Tonnen Güter des täglichen Gebrauchs wie Kleidung, Hygieneartikel oder Schlafsachen sowie 22 Tonnen Medikamente und medizinisches Gerät.“Wir begrüßen die Menschen hier in Lviv, aber es gibt auch viele, die wir bereits zum zweiten oder dritten Mal begrüßen”, erzählt Yuriy:
“Sehr viele wollen wieder zurück nach Hause. Voller Hoffnung steigen sie in die Züge Richtung Heimat. Sie kommen dort hin, sehen Krieg, Vernichtung und Leid und steigen wieder in den Zug nach Lviv. Sie geben ihre Hoffnung wieder nach Hause zu kommen nicht auf. Aber mindestens über den Winter müssen sie hier im Westen der Ukraine bleiben, weil in den zerstörten Regionen keine Möglichkeit besteht, in den nächsten Monaten die Versorgung mit Heizung, Wasser und Strom wieder herzustellen.”
Die Winterhilfe läuft an
Der kommende Winter mit Temperaturen von bis zu minus 20 Grad Celsius in manchen Teilen des Landes wird sehr viele Ukrainer*innen vor große Herausforderungen stellen. Die ukrainische Regierung gibt an, dass seit Beginn des Kriegs mehr als 800.000 Wohnungen und Häuser beschädigt oder zerstört wurden. Viele Menschen haben keinen Zugang zu Strom und Gas für den Betrieb von Heizungen. AWO International unterstützt gemeinsam mit der österreichischen Volkshilfe und der ukrainischen Nichtregierungsorganisation Narodna Dopomoha Ukraine bis zum anbrechenden Winter 400 bedürftige Familien in den Kiewer Vororten Bucha, Hostomel und Irpin. Die Familien werden bei Reparaturen ihrer durch die russischen Angriffe beschädigten Wohnungen unterstützt. Dabei werden zum Beispiel zerstörte Fenster oder Türen ausgetauscht sowie Dächer repariert. Die Arbeiten, die von ortsansässigen Handwerker*innen umgesetzt werden, kosten pro Wohnung abhängig von den Schäden zwischen 1000 bis 1400 Euro.
Die steigenden Preise für Energie und Hilfsgüter erschweren die humanitäre Hilfe vor Ort. “Umso wichtiger ist, dass die Solidarität und Spendenbereitschaft der Menschen weiterhin erhalten bleibt", betont Manuela Roßbach, geschäftsführende Vorständin von Aktion Deutschland Hilft, dem Bündnis Deutscher Hilfsorganisationen, dem AWO International angehört. "Denn dieser Krieg ist für die Betroffenen nach wie vor nicht Routine, sondern ein Albtraum, der immer noch anhält."