Seit dem ersten Tag im Einsatz – ehrenamtliche Helfer*innen der AWO in der Eifel

“Wir haben einfach angepackt und koordiniert. Man muss auch einfach funktionieren in so einer Situation”, berichtet Jan Warrink, Hotelbetreiber und Mitglied des AWO-Ortsvereins Schleiden. Als Betreiber des Hotels “Katharinenhof” in Gemünd war er selbst schwer von dem Hochwasser betroffen: Küche, Speise- und Gemeinschaftsräume wurden von den Wassermassen vollständig zerstört. Dennoch nahm er - ohne zu zögern - andere Betroffene, die nicht in ihren Häusern bleiben konnten, auf, organisierte einen Duschwagen für die Nachbarschaft und startete eine Einsatzzentrale für Helfer*innen, die aus ganz Deutschland angereist kamen – oft aber nicht genau wussten, wo und wie sie am besten unterstützen könnten. Auch der AWO stellte er kostenlos ein erstes provisorisches Flutbüro in einem der Hotelzimmer zur Verfügung, von wo aus die ersten Soforthilfeanträge entgegengenommen werden konnten.
Die Ehrenamtlichen der AWO-Ortsvereine in den vom Hochwasser betroffenen Regionen haben in den ersten Tagen und Wochen bei der Antragstellung für Soforthilfen tatkräftig unterstützt – so auch in Schleiden-Gemünd. ”Der Zusammenhalt hier in Gemünd war enorm. Das hat noch keiner von uns so erlebt und das ist das Positive, was wir trotz dieser schrecklichen Katastrophe erlebt haben, erzählte Detlef Fassbender, Vorsitzender des AWO Ortsvereins in Schleiden bei unserem Besuch vor Ort. 170 bis 180 Soforthilfe-Anträge nahm er zu Beginn pro Tag entgegen.
Unmittelbar nach der Sintflut nahm auch der Fahrdienst in Schleiden-Gemünd seine Arbeit auf und wird seitdem von Detlef Fassbender ehrenamtlich und mit viel Herzblut koordiniert und durchgeführt. Je nach Bedarf bringt er Betroffene zum Arzt, zum Einkaufen oder ins Fluthilfe-Büro, wo sie z.B. Unterstützung bei Wiederaufbauanträgen erhalten. Neben dem Transport von A nach B, hat er auch immer ein offenes Ohr für seine Mitfahrer*innen, gibt Informationen zu Hilfsangeboten weiter und macht den Menschen Mut, sich Unterstützung zu suchen.
Alle Helfer*innen gemeinsam unter einem Dach

Im Dezember 2021 konnte das AWO-Flutbüro gemeinsam mit anderen Hilfsorganisationen in das neue Hilfszentrum Schleidener-Tal umziehen. Die AWO arbeitet dort Hand in Hand mit den Berater*innen der Malteser und Caritas. Außerdem gibt es in dem Zentrum ein kleines Begegnungscafé. Ziel des AWO Teams vor Ort ist es, die materielle, soziale und persönliche Lebenssituation der von der Flut betroffenen Menschen zu stabilisieren. “Jeder der Hilfe braucht, dem wird hier geholfen, fasst Flutberaterin Elisa Frauenkron die Arbeit des Hilfezentrums zusammen. Neben der Unterstützung mit den komplexen Wiederaufbauanträgen des Landes NRW, unterstützen die Beraterinnen je nach Bedarf der Betroffenen auch bei der Suche nach Wohnungen, Handwerker*innen, Anwälten oder der Beschaffung neuer Möbel.
Enorme Hilfsbereitschaft in Schleiden-Gemünd - Im Gespräch mit einer Betroffenen

Bei unserem Projektbesuch in Schleiden trafen wir Frau Schuler (Name geändert), die dem Fluthilfe-Team sehr dankbar ist. Durch die Hochwasser-Katastrophe im Juli wurde ein Öltank im Keller ihres Hauses zerstört, der penetrante Ölgestank war auch 8 Monate später im ganzen Haus zu riechen. Als klar wurde, dass das ganze Haus verunreinigt war und sie nicht weiter dort leben konnte, nahm Jan Warrink sie auf dem Katharinenhof auf. Dort erfuhr sie dann auch von dem Fluthilfe-Büro der AWO, in dem sie Unterstützung bei der Suche nach einem Rechtsanwalt bekam. Die Hilfen des AWO-Teams anzunehmen, fiel Frau Schuler am Anfang nicht leicht: “Es fällt mir schwer Unterstützung anzunehmen, ich habe sonst ja immer den anderen gegeben. Und ich will auch niemanden etwas wegnehmen”, erzählt sie. Im Nachhinein ist sie aber sehr dankbar: “Ich bin froh, dass ich die drei hatte, die haben mir wirklich sehr geholfen. Mir ging es zwischenzeitlich wirklich schlecht. Da habe ich zwischendurch schon einmal gedacht ‘du wärst besser mit weggeschwommen’. Das waren keine schönen Erfahrungen.”
Sie erinnert sich noch sehr genau an die Nacht vom 14. auf den 15. Juli: “Ich höre manchmal noch das Wasser, denn das kam hier ja die Straße runter. Wir standen hier am Fenster und schauten auf den Friedhof, da schwamm ja auch alles. Alles ist weggeschwommen“, erzählt sie bei unserem Projektbesuch im März. Inzwischen hat sie in ihrer Straße eine Mietwohnung gefunden. Dort kann die Rentnerin bleiben, bis sie nach dem Abriss ein neues Haus gebaut hat. Auch wenn die sichtbaren Schäden der Flut mit der Zeit mehr und mehr aus dem Stadtbild verschwinden, bleibt die psychische Belastung der Betroffenen groß. „Nachts darf ich nicht wach werden, denn dann kann ich nicht mehr einschlafen,” erzählt Frau Schuler: “Ich bin bestimmt 10 Jahre älter geworden in der Flutnacht. Ich glaube man kann das nicht begreifen, wenn man es nicht erlebt hat. Die eigene Verwandtschaft versteht das nicht. Die, die hier waren und geholfen haben, die verstehen das.“ Die Hilfsbereitschaft vor Ort sei immer noch enorm, berichtet die Rentnerin: “Wildfremde Leute sind mit Putzeimer, Schaufeln, Stiefel und Plastiksäcken angekommen, um sich nützlich zu machen und zu helfen”. Auch jetzt gibt es noch eine große Hilfsbereitschaft von Menschen, die am Wochenende nach Schleiden kommen.