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21. Januar 2019

„Der Agrarindustrie den Geldhahn abdrehen!“

Eine zukunftsfähige Agrarreform – das forderten auch wir als Teilnehmende der „Wir haben es satt!“-Demonstration zum Auftakt der „Grünen Woche“ in Berlin.

35.000 Menschen gingen in Berlin für eine nachhaltige Agrarwende auf die Straße, darunter auch AWO International, unsere Projektpartner*innen und Aktive aus dem Jugendwerk der AWO Hessen-Nord.

„Lautstark, bunt und entschlossen haben wir heute mit 35.000 Menschen Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner einen unmissverständlichen Auftrag gegeben: Schluss mit der falschen Agrarpolitik“, erklärt „Wir haben es satt!“-Sprecherin Saskia Richartz im Namen der über 100 Organisationen, die zur Demonstration aufgerufen haben. Das Demonstrationsbündnis fordert die Bundesregierung auf, den überfälligen Umbau der Landwirtschaft anzupacken. Die Gelegenheit ist da: Bei der aktuellen Reform der EU-Agrarpolitik (GAP) entscheidet die Bundesregierung maßgeblich mit, welche Landwirtschaft künftig durch Steuergelder finanziert wird.

Agrarsubventionen reflektieren Ungleichheit

In Deutschland werden jedes Jahr 6,3 Milliarden Euro an EU-Agrargeldern ausgeschüttet, mehr als drei Viertel davon als pauschale Subventionen je Hektar Fläche. In der Praxis heißt das: Die 3.300 flächengrößten Betriebe erhalten eine Milliarde Euro im Jahr, während die kleinsten 200.000 Bauernhöfe sich knapp 700 Millionen teilen müssen.

Mit den über sechs Milliarden Euro, die Deutschland jedes Jahr an EU-Agrargeldern verteilt, muss der umwelt- und tiergerechte Umbau der Landwirtschaft gefördert werden”, so Saskia Richartz. “Doch Agrarministerin Klöckner klammert sich an die pauschalen Flächensubventionen wie ihre Vorgänger ans Ackergift Glyphosat. Der Agrarindustrie immer weiter Milliarden in den Rachen zu stopfen ist agrar- und klimapolitischer Irrsinn. Wir fordern: Umverteilen jetzt!

Beim Demonstrationszug zum Agrarministergipfel schlagen die Demonstranten Alarm für die Agrarwende. Mit ihrem Kochtopf-Konzert fordern sie konsequenten Klima- und Naturschutz, mehr Unterstützung für kleine und mittlere Betriebe, artgerechte Tierhaltung, ein Ende der Dumping-Exporte, gerechten Welthandel und gesundes Essen für alle. Schon am Vormittag hatten die 171 Bauern, die die Demonstration mit ihren Traktoren anführen, eine Protestnote an die 70 versammelten Minister aus aller Welt übergeben.

Denn auch aus entwicklungspolitischer Perspektive ist eine nachhaltige und gerechte Agrarwende in Europa die Grundlage für eine gerechtere Welthandelspolitik. Janet Maro, Geschäftsführerin von Sustainable Agriculture Tanzania (SAT), meint:

„Deutschland muss in seiner Entwicklungszusammenarbeit auf Agrarökologie statt Agrarindustrie und Grüne Revolution setzen. Wir brauchen bäuerliches Saatgut und keine Hybride. Damit Agrarökologie und bäuerliches Saatgut endlich eine Chance haben, muss Deutschland die Förderung der Allianz für eine Grüne Revolution in Afrika einstellen.“

„Wir haben die Agrarpolitik der Bundesregierung satt. Wir ackern tagtäglich für gutes, enkeltauglich produziertes Essen. Dafür verlangen wir politische Unterstützung“, sagt Moritz Schäfer. Der 32-Jährige ist aus dem hessischen Schwalmtal mit dem Traktor angereist, wo er einen Betrieb mit 100 Kühen und 250 Hektar bewirtschaftet. „Meine Kühe stehen auf der Weide, ich produziere das Futter hier vor Ort und sähe vielfältige Fruchtfolgen. Insekten, Wasser und Klima danken es mir, die Politik aber nicht. Julia Klöckner muss endlich die Interessenvertretung der Industrie beenden und eine Politik für Bauern, Bienen und lebensfähige Dörfer machen“, fordert Schäfer im Namen der Traktorfahrer.

Die Großdemonstration richtet sich gegen die Agrarindustrie, nicht aber gegen Landwirte. Die konventionellen und Öko-Bauern demonstrieren auch im neunten Jahr im Schulterschluss mit Bäckern, Imkern, Köchen, Naturschützern und der Zivilgesellschaft gegen die fatalen Auswirkungen der intensiven industriellen Landwirtschaft. Gemeinsam zeigt das breite „Wir haben es satt!“-Bündnis Wege für eine bäuerliche Landwirtschaft der Zukunft und ein gutes Ernährungssystem auf.

Die anhaltende Konzentration in der europäischen Landwirtschaft auf immer weniger und immer größere Betriebe gefährdet nicht nur die ländliche Wirtschaftsentwicklung, sondern auch die Umwelt. Die deutsche Agrarpolitik ist hierfür das beste Beispiel. Mit ihrem Ansatz, wonach Abnehmer wie Molkereien oder Schlachtereien nur groß genug sein müssen, um sich im nationalen und internationalen Wettbewerb der Konzerne durchsetzen zu können, setzt sie falsche Anreize. Angemessene Preise für landwirtschaftliche Produkte spielen dabei ebenso wie ökologische oder soziale Aspekte kaum eine Rolle. Ergebnis dieser Politik ist eine dauerhafte Überproduktion, die zu ständigem Druck auf die Erzeugerpreise führt und die Existenz bäuerlicher Betriebe gefährdet - nicht nur in Europa, sondern durch Exporte von überschüssigen Produkten zunehmend auch weltweit. Deshalb gingen wir mit unseren Projektpartner*innen WECF Deutschland, European Environmental Bureau - EEB, Forum Umwelt und Entwicklung und dem Jugendwerk der AWO Nordhessen für eine nachhaltige Gemeinsame Agrarpolitik der EU und gerecht gestalteten Welthandel auf die Straße. Dabei haben wir auch die Globalen Ziele für nachhaltige Entwicklung sichtbar gemacht, denn diese weisen allen Regierungen den Weg in Richtung nachhaltiger und enkeltauglicher Politik.

Haben Sie Interesse, an der nächsten Demonstration im Januar 2020 teilzunehmen?

Kontakt:

Roman Fleißner
Globales Lernen & Agenda 2030
roman.fleissner@awointernational.de

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