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10. Mai 2021 News

Fairer Handel in Zeiten von Corona

Der pandemiebedingte Ausnahmezustand hält weiterhin an und hat weitreichende Auswirkungen – auch auf die Kaffeebäuer*innen in Nicaragua und Mexiko, mit denen wir für unseren AWO-Kaffee zusammenarbeiten.

Die Kaffeekirschen werden von den Kaffeebäuer*innen unserer Kooperative per Hand gepflückt (Foto: Heinz Reinke/Ökotopia)
Die Kaffeekirschen werden von den Kaffeebäuer*innen unserer Kooperative per Hand gepflückt.

Die Auswirkungen der Corona-Krise machen sich auch im Fairen Handel bemerkbar. Aufgrund der Schließung vieler Weltläden, Kantinen, Restaurants, Messen und Märkte sowie steigender Lieferkosten und Transportschwierigkeiten im Globalen Süden, kommt es seit 2020 in vielen Handelsbereichen zu Umsatzrückgängen. Zusätzlich erschweren Ausgangssperren die Arbeit der Kleinbäuer*innen. 

Gerade jetzt in der Krise benötigen die Kaffeeproduzent*innen die Stabilität und die Partnerschaft des Fairen Handels. Ihre fairen Lieblingsprodukte finden Sie in unserem Onlineshop: awointernational.de/shop

SCHWIERIGE ARBEITSBEDINGUNGEN

Durch die restriktiven Beschränkungen - seien sie staatlich verhängt oder von den Kooperativen selbst eingeführt - müssen die Verarbeitungsanlagen im Mehrschichtbetrieb arbeiten, was höhere Kosten mit sich bringt. Zur Sortierung des Kaffees stellen die meisten Kooperativen saisonal Frauen aus der Umgebung an. Allerdings kommen viele von ihnen aufgrund der Ausgangsbeschränkungen oder aus Angst vor einer Ansteckung nicht mehr zur Arbeit. Die Kooperativen wissen daher nie, mit wie vielen Mitarbeiterinnen sie am Tag rechnen können. So geht die Sortierung nur schleppend voran oder muss tageweise ganz ausgesetzt werden.  

Zudem verzögern sich die Verschiffungen, weil durch den aus dem Takt geratenen globalen Warenfluss Container nicht zur Verfügung stehen oder die Häfen und Verarbeitungsanlagen nur mit halber Kraft arbeiten. An der Grenze zwischen Nicaragua und Costa Rica, von dessen Atlantikhafen Puerto Limón viele Container verschifft werden, stecken immer wieder tage- und wochenweise die Kaffeecontainer fest. Weder Nicaragua noch Costa Rica können sich auf ein gemeinsames Vorgehen zur notwendigen Reduzierung des Infektionsrisikos einigen. Durch all diese Faktoren verzögern sich die Einnahmen aus dem Kaffeeexport und Zinsen laufen auf. Unser Handelspartner Ökotopia berichtet, dass einige Käufer*innen, die keinen engen und langfristigen Kontakt zu den Kooperativen pflegen, sogar Verträge annulliert haben, nachdem klar war, dass sich die Verschiffungen verspäten werden. 

Durch die Abschottung vieler ländlicher Gemeinden ist es zudem sehr viel schwieriger geworden, Material und Dünger auf die Kaffeeparzellen zu bringen. Die technische Beratung in Form von Agrartechniker*innen, die auf das Land fahren und die Kaffeeproduzent*innen beraten, kann aufgrund von Ausgangssperren und Kontaktbeschränkungen ebenfalls nicht stattfinden. Beides wird sich bei der nächsten Ernte in Ertragseinbußen niederschlagen.

VIELE KAFFEEBAUER*INNEN SIND UM DIE KOMMENDE ERNTE BESORGT

Es ist offen, ob genug Arbeitskräfte da sein werden. Fast alle Kaffeebäuer*innen sind darauf angewiesen während der Ernte genügend Erntehelfer*innen zu beschäftigen. Nur dann ist es möglich, die hohe Qualität zu garantieren, da jede Kaffeekirsche zum richtigen Zeitpunkt geerntet werden muss. Die Transporte und ggf. Unterkünfte der Erntehelfer*innen müssen der physischen Distanzierung angepasst werden. Das bedeutet mehr Fahrten, mehr Unterkünfte und mehr Kosten. In vielen Regionen wird es deswegen sehr schwierig sein, die Ernte vollständig einzubringen. Insgesamt muss mit deutlich höheren Erntekosten und Ernteverlusten gerechnet werden. 

Sehr besorgt sind die Kaffeebäuer*innen daher um die Finanzierung der anstehenden Ernte. Nur im Fairen Handel bekommen sie eine garantierte Vorfinanzierung. Die restliche (vom Fairen Handel unabhängige) Ernte, kann im schlimmsten Fall aufgrund fehlender Finanzierung nur in geringerem Ausmaß oder sogar gar nicht eingeholt werden. Das betrifft vor allem Nicaragua, denn dort sind die Finanzierungslücken nicht nur ein Resultat der wirtschaftlichen Krise durch die Pandemie, sondern auch den Auswirkungen der politischen Krise geschuldet.

Chancen in der Krise: Fairen Handel zum Standard machen

Angesichts der aktuellen dramatischen Situation von Millionen Kleinbäuerinnen und Kleinbauern weltweit wird die Bedeutung des Fairen Handels ganz besonders deutlich: Im Fairen Handel steht der Mensch vor dem Profit und gerade in Krisenzeiten werden die Grundsätze des Fairen Handels ganz praktisch erlebbar. Es geht es nicht um Gewinnmaximierung, sondern um die Förderung von gerechten Arbeits- und Handelsbeziehungen. Langfristige Handelsbeziehungen gewährleisten den Produzent*innen ein dauerhaftes und stabiles Einkommen. Die Fairtrade-Prämie, die ansonsten für Gemeinschaftsprojekte genutzt wird, kann derzeit für die Aufstockung der Einkommen von Erzeuger*innen und Arbeiter*innen eingesetzt werden.  

Auch AWO International steht weiterhin zu seinen langjährigen Partnerschaften. Anders als im konventionellen Handel unterstützen wir unsere Kaffeekooperativen auch in Zeiten der Krise. Wir sind überzeugt, dass immer dort, wo gemeinschaftlich, solidarisch und organisiert gehandelt wird, die Krise am besten zu bewältigen ist.

Seit 2007 arbeiten wir eng mit Ökotopia zusammen. Unser Handelspartner beschafft und vertreibt unseren AWO-Kaffee und -Tee. Ökotopia ist Gründungsmitglied der Mittelamerikanischen Kaffee Im- und Export GmbH und steht in direkten Kontakt zu den Mitgliedern unserer Kaffeekooperativen COSATIN in Nicaragua und ISMAM in Mexiko.

AUCH VERBRAUCHER*INNEN KÖNNEN IN DIESEN ZEITEN SOLIDARISCH HANDELN

Durch den Konsum von fair gehandelten Produkten können wir einen Beitrag dazu leisten, die Einkommensgrundlage von Kleinbäuer*innen und Arbeitenden im Globalen Süden zu sichern. Die globale Krise hat einmal mehr verdeutlicht, wie wichtig faire Handelspraktiken für die Produzent* innen am Anfang der Produktions- und Lieferketten sind. Denn gerade sie leiden besonders unter den Folgen der Pandemie. Doch im Fairen Handel unterstützen sich die Menschen gegenseitig. Mit diesem Wissen können Konsument*innen zukünftig beim Einkauf stärker auf fair gehandelte Produkte achten. 

Auch die Politik muss nun ein deutliches Zeichen setzen. Seit vielen Jahren fordern Nichtregierungsorganisationen ein Lieferkettengesetz, dass die Verantwortung deutscher Unternehmen für die Achtung der Menschenrechte gesetzlich regelt. Mit diesem Gesetz sollen Unternehmen dazu verpflichtet werden, Risiken zur Verletzung von international anerkannten Menschen-, Arbeits- und Umweltrechten entlang ihrer gesamten Wertschöpfungskette zu analysieren, diesen vorzubeugen und transparent darüber zu berichten. Zusammen mit weiteren 123 Organisationen macht AWO International im Rahmen der Initiative Lieferkettengesetz darauf aufmerksam, dass ein solches Gesetz unbedingt gebraucht wird. Gerade in globalen Krisen sollte sich die Politik deutlich positionieren und solidarisch handeln – nicht nur im Angesicht von Corona, sondern auch im Hinblick auf Hunger, Armut und den Klimawandel. Der Faire Handel macht es vor!

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