Die humanitäre Krise in Syrien gilt weltweit als eine der schlimmsten unserer Zeit. Bis 2019 wurden mehr als 6,1 Millionen Menschen innerhalb Syriens vertrieben. Fast 6,7 Millionen haben vor allem in den Nachbarländern Zuflucht gefunden. 342,875 der registrierten syrischen Geflüchteten leben im Bekaa-Tal im Osten Libanons, in zum Teil stark abgelegen und benachteiligten Regionen. Hier leiden die Menschen nach wie vor unter den Auswirkungen des inzwischen neun Jahre andauernden Konflikts: Gemeinschaftsnetzwerke und Sicherheitsnetze sind weggefallen und der Zugang zu medizinscher Versorgung und Nahrung ist stark eingeschränkt. Dabei stehen geflüchtete Menschen mit Behinderung vor besonders vielen Herausforderungen, wenn es darum geht, ihre Grundbedürfnisse an Rehabilitation und medizinischer Versorgung zu decken.
Hohe Kosten für medizinische Grundversorgung
Denn obwohl das UNHCR erklärt, dass syrische Geflüchtete im Libanon diskriminierungsfreien Zugang zu öffentlichen und privaten Gesundheitseinrichtungen haben, ist das libanesische Gesundheitssystem weitestgehend privatisiert. Dadurch stellen die Nutzungsgebühren ein erhebliches Hindernis dar. Bei der Primär- und Krankenhausversorgung sind die Kosten, wie Behandlungs- und Arztgebühren, aber auch Transportkosten, das Haupthindernis für den Zugang zu der benötigten Versorgung. Außerdem haben Menschen mit Behinderung nur begrenzten Zugang zu spezialisierter Versorgung und Rehabilitation.
Emilie Combaz, unabhängige Forscherin, beschreibt in ihrem 2018 veröffentlichten Forschungsbericht zur Situation von Menschen mit Behinderung im Libanon: "Es gibt im Libanon einen systematischen Mangel an Rechten, Ressourcen und Dienstleistungen für Menschen mit Behinderungen, der in erster Linie auf die Untätigkeit des Staates zurückzuführen ist. Infolgedessen erleben Menschen mit Behinderungen weit verbreitete Diskriminierung, Marginalisierung, Ausgrenzung und Gewalt durch eine Reihe von staatlichen und nichtstaatlichen Institutionen und Einzelpersonen - zu Hause und außerhalb. Dies gilt für alle Bereiche ihres Lebens. Insbesondere Arbeit und grundlegende Dienstleistungen für sie sind knapp, nicht zugänglich und von schlechter Qualität."
Eine mobile Klinik mit ganzheitlichem Ansatz

Gemeinsam mit unserer Partnerorganisation Mousawat erleichtern wir diesen Menschen den Zugang zur notwendigen medizinischen Versorgung: Durch eine mobile Klinik können Geflüchtete mit Behinderung leicht erreicht und medizinisch versorgt werden. An Bord der Klinik befinden sich Ärzt*innen, Pflegekräfte, Physiotherapeut*innen, Psycholog*innen und Sozialarbeiter*innen. Daher bietet unser Projekt durch einen ganzheitlichen Ansatz gleichzeitig medizinische, physiologische und psychologische Unterstützung.
Die mobile Klinik übernimmt die Kosten für die medizinische Untersuchung, den Transport, die Medikamente sowie für die Physiotherapie und die neurologische Beratung. Außerdem für weitere notwendige Rehabilitationsleistungen, die die Person mit Behinderung benötigt, um physisch unabhängig und autonomer zu werden. Weiter stellt die mobile Klinik Hilfsmittel und korrigierende Vorrichtungen, wie Rollstühle, Orthesen, Prothesen und Hörgeräte, zur Verfügung.
Darüber hinaus schließt das Projektteam von Mousawat die Wissenslücke in Bezug auf Menschen mit Behinderungen und fördert die Integration und die Sensibilisierung der allgemeinen Gesellschaft: Sensibilisierungssitzungen sowie Gemeinschaftsaktivitäten werden vom Projektteam in den Siedlungen durchgeführt. Diese sollen einen weiteren wichtigen Beitrag zu besseren Lebensbedingungen für Menschen mit Behinderungen leisten. Ziel ist es, die Inklusion von Menschen mit Behinderung zu erleichtern und durch Dialog und Austausch mehr Akzeptanz zu erreichen.
Projektinfo
Projekt | Bereitstellung von primärer Gesundheitsversorgung/Rehabilitation und Inklusion für geflüchtete Menschen mit Behinderung im Bekaa-Tal, Ostlibanon |
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Ort/Region | Bekaa-Tal, Ostlibanon |
Partner | Volkshilfe Solidarität (Österreich), Mousawat (Libanon) |
Zielgruppe | Syrische und palästinensische Geflüchtete und vulnerable Mitglieder der Gastgemeinden mit Fokus auf Menschen mit Behinderung. 940 Personen werden direkt erreicht und 7.825 Personen profitieren indirekt von den Projektaktivitäten. |
Aktivitäten |
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Laufzeit | 2020 - 2021 |
Budget | 170.170 Euro (davon 35.000 von AWO International und Aktion Deutschland Hilft) |
Förderer | Aktion Deutschland Hilft, Nachbar in Not (NiN), Volkshilfe Solidarität, AWO International |