Der 17-jährige Pablo flieht alleine von Guatemala-Stadt in die USA. Den Großteil des Fluchtweges nimmt er zu Fuß auf sich. Er will weg von seinem schlagenden Vater, weg von den Jugendbanden, den sogenannten „Maras“, die ihn vor die Wahl stellen. „Entweder du machst mit oder du stirbst!“ Er flieht vor Perspektivlosigkeit und wird angetrieben von der Hoffnung auf eine bessere Zukunft in den USA.
Diese fiktive Geschichte von Pablo spiegelt die Lebenssituation von unzähligen Kindern und Jugendlichen in Mittelamerika wieder. An der Grenze zwischen den USA und Mexiko gab es 2018 fast 467.000 Festnahmen von Migrant*innen – 54.000 davon waren unbegleitete Minderjährige. Doch auch auf mexikanischer Seite kommt es zu einer ständig steigenden Anzahl an Festnahmen: allein zwischen Dezember 2018 und April 2019 nahm die mexikanische Polizei nach offiziellen Angaben 15.208 Minderjährige fest, was einen Anstieg von 53 Prozent im Vergleich zum Vorjahr darstellt. Laut Statistiken des Instituto Nacional de Migración sind 42 Prozent der Festgenommenen zwischen elf und 17 Jahren alt. Einmal verhaftet, werden die Kinder und Jugendlichen in Auffanglagern festgehalten und später in ihre Herkunftsländer abgeschoben. Dabei halten mexikanische Behörden oftmals die gesetzmäßigen Maßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen nicht ein und verletzen somit die Menschenrechte der Migrant*innen.
Lobbyarbeit für eine sichere Migration und gegen Menschenrechtsverletzungen

Diese Zahlen und Fakten beschreiben die Ausgangslage für die Arbeit unseres mexikanischen Projektpartners IMUMI (Instituto para las Mujeres en Migración). Die Nichtregierungsorganisation setzt sich besonders für den Schutz von migrierenden Kindern und Jugendlichen ein. Dabei legt IMUMI einen Fokus auf die Lobby- und Advocacyarbeit. Das Ziel: den Dialog zwischen NGOs und staatlichen Institutionen stärken, damit die Schutzmaßnahmen für migrierende Kinder und Jugendliche gewährleistet werden. Doch IMUMI setzt sich auch für die Förderung einer allgemein sicheren Migration sowie für die Einhaltung der Menschenrechte ein. Hierfür ist die NGO in einem internationalen Netzwerk (Bloqueo latinoamericano) organisiert, um auch regionale Interessen zum Schutz von Migrant*innen in internationalen Regelwerken zu verankern.
Zugang zu Bildung und Identität für Kinder und Jugendliche transnationaler Familien

Eine weitere Säule der Arbeit von IMUMI liegt auf der Zusammenarbeit mit transnationalen Familien. Insbesondere aufgrund der zunehmenden Abschiebungen in den USA kehren mexikanische Familien freiwillig in ihre Herkunftsgemeinden zurück – Orte, an denen ihre in den USA geborenen Kinder noch nie gelebt haben. Die mexikanischen Behörden erkennen diesen Kindern und Jugendlichen die mexikanische oder die doppelte Staatsbürgerschaft nur über ein aufwendiges Antragsverfahren an. Es handelt sich dabei um ein behördliches Verfahren, das viel Geld kostet. Geld, das die Rückkehrerfamilien oftmals nicht haben. Hier leistet IMUMI zum einen rechtlichen Beistand und unterstützt die Kinder und Jugendlichen bei der Anerkennung der mexikanischen Staatsbürgerschaft. Zum anderen macht sich der Projektpartner gemeinsam mit einem NGO-Netzwerk lobbypolitisch für eine Vereinfachung dieses Verfahrens stark.
Hinzu kommt, dass den in den USA geborenen Mexikaner*innen oftmals der Schuleintritt verwehrt wird. Obwohl im Jahr 2015 bereits ein nationales Abkommen zur Vereinfachung des Verfahrens zum Schuleintritt verabschiedet wurde. Doch die Umsetzung dieses Abkommens scheitert an mangelndem Wissen der lokalen Behörden und Schulen über diese neue Regelung. IMUMI setzt sich daher für die Verbreitung des nationalen Abkommens und die Fortbildung von Behörden- und Schulpersonal ein, um den Migrationskindern und -jugendlichen den Schuleintritt in ihrem Heimatland Mexiko zu ermöglichen.
Einkommensschaffende Maßnahme für Rückkehrer*innen
IMIMUMI unterstützt eng die mexikanische Organisation DUL (Colectivo Deportados Unidos en la Lucha), die 2016 von jungen Mexikaner*innen, die aus den USA abgeschoben wurden und sich nun für andere einsetzten wollen, gegründet wurde. Die NGO hat 2017 die Marke „Deportados Brand 100% mexicano“ ins Leben gerufen und bedruckt Taschen, Shirts und andere lokal gehandelte, plastikfreie Textilien in der eigenen Druckerei. Die politisch motivierten Motive und Statements zum Thema Migration oder Deportation kommen gut in Mexiko-Stadt an und haben bereits einen breiten Absatzmarkt gefunden. Mit den Einnahmen werden Beratungsdienstleitungen für abgeschobene mexikanische Migrant*innen finanziert und für die soziale Integration derselben gesorgt. Des Weiteren ist das Ziel, Rückkehrer*innen in der Textildruckerei in Mexiko-Stadt anzustellen und somit Arbeitsplätze für aus den USA deportierte Mexikaner*innen zu schaffen.
Projektinfo
Projekt | Förderung des Zugangs zu Bildung und Identität für Kinder und Jugendliche aus transnationalen Familien in Mexiko und der sicheren Migration auf internationaler Ebene |
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Ort/Region | Mexiko-Stadt und die Region Mittelamerika |
Partner | IMUMI (Instituto para las Mujeres en Migración) |
Zielgruppe | Migrierende Kinder und Jugendliche in Mexiko auf der Flucht in die USA, Kinder und Jugendliche transnationaler Familien in Mexiko |
Aktivitäten |
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Laufzeit | 2019-2024 |
Budget | 50.000 Euro p.a. |
Förderer | BMZ |