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MittelamerikaGuatemala

Stärkung der Rechte von Migrant*innen in Guatemala

350 Guatemaltek*innen begeben sich täglich auf eine der gefährlichsten Migrationsrouten der Welt, um nach Mexiko oder in die USA zu gelangen. Gemeinsam mit dem Projektpartner ECAP klärt AWO International über die Migrationsrouten und Rechte der Migrant*innen auf und leistet psychosoziale Hilfe für Rückkehrer*innen und Familienangehörige in den Herkunftsgemeinden.

Um Alternativen zu schaffen und Einkommensquellen zu kreieren, lernen die Migrant*innen die Produktion eigener Produkte (Foto: Carlos Cano/ AWO International)
Um Alternativen zu schaffen und Einkommensquellen zu kreieren, lernen die Migrant*innen die Produktion eigener Produkte (Foto: Carlos Cano/ AWO International)

Die Zahl der Migrant*innen aus Guatemala nimmt täglich zu: 350 meist junge, kaum qualifizierte Guatemaltek*innen begeben sich täglich auf eine der gefährlichsten Migrationsrouten der Welt, um nach Mexiko oder in die USA zu gelangen.

Armut und Gewalt treiben die Menschen in die Flucht

2018 lebten nach Angaben der Weltbank 59,3 Prozent der Bevölkerung von Guatemala unter der nationalen Armutsgrenze und 10 Millionen Guatemaltek*innen sogar in extremer Armut. Zudem bestimmt die Gewalt, ausgehend von lokalen Jugendbanden - sogenannte maras - und häusliche Gewalt den Alltag in Guatemala. In Mittelamerika haben etwa 30 Prozent der Jugendlichen eine Form der Gewalterfahrung gemacht. Bei Frauen liegt die Zahl sogar bei 40 Prozent und dabei wird die Dunkelziffer weitaus höher geschätzt, da viele sexuelle Übergriffe nicht zur Anzeige kommen. Daher entscheiden sich jedes Jahr 108.000 Guatemaltek*innen für einen Aufbruch Richtung USA. Jorge, ein Migrationsrückkehrer aus dem Gemeindebezirk Nentón im Nordwesten Guatemalas beschreibt:

 Für mich ist es sehr wichtig, dass wir uns mit dem Thema der Migration auseinandersetzen. Viele Jugendlichen planen ihre Migrationsroute und das, ohne sich ihrer Rechte und den Gefahren bewusst zu sein. Wir müssen uns mit dieser Thematik beschäftigen und Aufklärungsarbeit leisten.

Dieser Thematik nimmt sich der guatemaltekische Projektpartner ECAP (Equipo de Estudios Comunitarios y Acción Psicosocial) an. ECAP arbeitet in zwei guatemaltekischen Gemeindebezirken: San Martín Jilotepeque im Departement Chimaltenango sowie dem Grenzgebiet Nentón in Huehuetenango.

Aufklärung über die Migrationsrealität für selbstbestimmte Migrationsentscheidungen

Eines der Projektziele ist es, die potenziellen Migrant*innen auf eine aufgeklärte Migration vorzubereiten. Hierfür werden sie in Workshops oder im Rahmen von Kampagnen über mögliche Migrationsrouten, ihre Rechte und die Gefahren aufgeklärt. Denn Gewalt droht nicht nur in den Heimatländern, sondern auch während der Flucht. Die Flüchtenden werden mit Überfällen von kriminellen Banden konfrontiert, da die Grenzgebiete von Drogenhändlern regiert werden. Entführungen, Folter und Ermordungen durch bewaffnete kriminelle Banden in Zusammenarbeit mit lokalen Behörden oder Polizei- und Migrationsbeamten sind an der Tagesordnung. ECAP bildet Migrationskomitees, welche aus Gemeindemitgliedern bestehen, darin aus, Jugendliche und andere potentielle Migrant*innen ausführlich über die Risiken der Migration zu informieren und ihnen gegebenenfalls sichere Routen zu empfehlen.

Psychosoziale Betreuung zur Verarbeitung der Migrationserfahrungen

Doch auch nach einer erfolgreichen Migration können die Auswanderer oftmals nicht aufatmen, denn in vielen Fällen droht die Abschiebung ins Heimatland. Die Situation von Migrant*innen hat sich in den letzten Jahren durch die verschärfte Einwanderungspolitik der USA zugespitzt. Härtere Grenzkontrollen sowie mehr Festnahmen und Abschiebungen sind Folge des gemeinsamen Vorgehens der Regierungen von Mexiko, Guatemala und den USA im Rahmen des Abkommens „Südgrenze“. Von 2016 bis August 2019 wurden laut guatemaltekischem Innenministerium insgesamt 155.548 Guatemaltek*innen allein aus den USA abgeschoben. ECAP betreut mit den lokalen Migrationskomitees daher auch die Migrationsrückkehrer*innen bei ihrer sozialen Reintegration. Minderjährige Rückkehrer*innen werden insbesondere bei der Familienzusammenführung begleitet. Einer der Schwerpunkte der Arbeit von ECAP liegt zudem auf der psychosozialen Betreuung. Rückkehrer*innen erhalten einerseits eine individuelle Betreuung, um das Erlebte auf der Flucht verarbeiten zu können, und haben andererseits die Möglichkeit, sich in Selbsthilfegruppen mit anderen Rückkehrer*innen auszutauschen.

Die Flucht hinterlässt große Wunden bei den Zurückbleibenden

Viele der Familien verlieren den Kontakt zu ihren emigrierenden Angehörigen. ECAP unterstützt die Gemeindemitglieder beim Aufbau von Selbsthilfegruppen von betroffenen Familien, in denen sie die Möglichkeit haben, sich über ihre Erfahrungen auszutauschen, sich gegenseitig zu unterstützen und zu informieren. Zudem hilft der Projektpartner den Familien bei der Suche nach ihren vermissten Angehörigen. Hierbei baut ECAP auf ein großes Netz von Nichtregierungsorganisationen in Guatemala und Mexiko auf, welche sich alle der Migrationsproblematik verschrieben haben. So deckt ECAP mit seiner Arbeit den gesamten Migrationszyklus ab.

Um den Menschen in der Region Perspektiven zu bieten, wird ECAP auch einkommensschaffende Maßnahmen in das Projekt integrieren. Insbesondere Jugendliche sollen bei der Verwirklichung von Kleinprojekten, wie z.B. der Gründung ihres eigenen Kleinunternehmens, unterstützt werden. Gleichzeitig soll ein Tourismusprojekt in der gesamten Region für Aufschwung sorgen und die Migrationszahlen verringern.

Projektinfo

Projekt Sozialstrukturförderung im Bereich der Migration und Menschenrechte in Chimaltenango und Huehuetenango
Ort/Region Gemeindebezirk Nentón (Department Huehuetenango) und San Martín (Department Chimaltenango), Guatemala
Partner ECAP (Equipo de Estudios Comunitarios y Acción Psicosocial)
Zielgruppe Potenzielle Migrant*innen, Rückkehrer*innen und deren Angehörige aus sechs Gemeinden in Guatemala
Aktivitäten
  • Stärkung selbstbestimmter Migrationsentscheidungen sowie Förderung von „aufgeklärter“, sicherer Migration und Prävention vor den Risikofaktoren auf dem Weg durch Mexiko
  • Stärkung von gemeindeorientierten Strukturen, um auf die Auswirkungen der Migration effektiv reagieren zu können
  • Psychosoziale Betreuung von Betroffenen
  • Unterstützung von Familienangehörigen bei der Aufklärung von Fällen von vermissten Migrant*innen
  • Advocacy- und Lobbyarbeit auf kommunaler und nationaler Ebene
  • Verbesserung der Lebensgrundlage von Jugendlichen: Erarbeitung von individuellen Lebensplänen und Durchführung einkommensschaffender Maßnahmen
Laufzeit 2019-2021
Budget 70.000 Euro p.a.
Förderer BMZ

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