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Ein solidarisches Bündnis zur Betreuung von Migrant*innen

Die Situation in Honduras hat sich seit dem Putsch von 2009 dramatisch verschlechtert, sodass die Migrationszahlen stetig steigen. OCDIH klärt potenzielle Migrant*innen über mögliche Migrationsrouten und ihre Rechte auf und gewährt ihnen auf der gefährlichen Reise Unterschlupf bei solidarischen Familien durch die Zusammenarbeit mit ACOMUMSAM im Norden Guatemalas.

Mitarbeiter*innen von OCDIH informieren Migrant*innen über sichere Fluchtrouten (Foto: Carlos Cano / AWO International)
Mitarbeiter*innen von OCDIH informieren Migrant*innen über sichere Fluchtrouten (Foto: Carlos Cano / AWO International)

Die sozialpolitische Situation von Honduras hat sich seit dem Putsch von 2009 dramatisch verschlechtert. Die Folgen sind die Schwächung demokratischer Institutionen, die Militarisierung des Landes, Straflosigkeit von Verbrechen und steigende Armut. Das zentralamerikanische Land wird vom Einfluss der organisierten Kriminalität und der Drogenkartelle dominiert. Die Korruption reicht bis in die Regierungsspitze.

Honduras gehört zu einem der gefährlichsten Länder der Welt: Im Jahr 2018 sind insgesamt 3.682 Morde in Honduras dokumentiert worden, was 41 Tötungsdelikte pro 100.000 Einwohner*innen entspricht oder durchschnittlich zehn Morden pro Tag. Diese Faktoren führen dazu, dass bereits über 600.000 Honduraner*innen als Migrant*innen in den USA leben. 2018 brachen täglich 274 Honduraner*innen auf, um ein besseres Leben im Norden zu finden. Insbesondere Kinder und Jugendliche fliehen vor Gewalt und Hoffnungslosigkeit. Für internationale Aufmerksamkeit sorgte im Oktober 2018 die Bildung der sogenannten „Migranten-Karawane“ in der Nähe der honduranischen Stadt San Pedro Sula, in der sich etwa 2.000 Honduraner*innen – darunter viele Frauen und Kinder – gemeinsam auf den Weg in die USA machten. Die Karawane fand unterwegs zahlreichen Zuwachs, sodass Schätzungen zufolge circa 6.000 Flüchtlinge in der mexikanischen Grenzstadt Tijuana ankamen, wo sie auf ein Asylverfahren in den USA warten mussten.

OCDIH: Aus eigener Betroffenheit heute eine etablierte NGO im Migrationsbereich

OCDIH (Organismo Cristiano de Desarrollo Integral de Honduras) ist eine angesehene Nichtregierungsorganisation (NGO) im Nordwesten von Honduras, bekannt für ihre Themenkompetenz in ländlicher Entwicklung, humanitärer Hilfe und Menschenrechten. Die Organisation ist seit Jahren selbst vom Thema Migration betroffen, da sich viele von OCDIH ausgebildete Promotor*innen oder Gemeindevertreter*innen auf den Weg in den „Norden“ – nach Mexiko oder in die USA – machen und daher begonnene Prozesse oft nicht zu Ende geführt und von neuem initiiert werden müssen. Aufgrund der eigenen Betroffenheit hat OCDIH begonnen, sich im Bereich Migration stark zu machen und sich mittlerweile als NGO im Bereich Migration etabliert.

Migrationskomitees zur Aufklärung und Selbsthilfegruppen zur Betreuung von betroffenen Familien

OCDIH verfolgt das Ziel, die potenziellen Migrant*innen auf eine selbstbestimmte Migrationsentscheidung vorzubereiten: Was sind die Gefahren der Migration? Welche Rechte habe ich als Migrant*in? Gibt es sichere Migrationsrouten?

Migrationskomitees, welche mit der Hilfe von OCDIH in den Gemeindebezirken Nueva Arcadia, La Florida und San Nicolás in der Provinz in Copán gegründet wurden, informieren die Bewohner*innen über ihre Rechte, Risiken und Gefahren der Migration und versuchen, den Auswirkungen der Migration auf Gemeindeebene entgegenzuwirken: Rückkehrer*innen benötigen Unterstützung bei der sozialen Reintegration und sind auf emotionale Hilfe angewiesen, um die Erfahrung der Migration zu verarbeiten, Familienangehörige suchen nach ihren auf der Flucht verschwundenen Söhnen und Töchtern. Parallel haben Familienangehörige, die vom Thema Migration betroffen sind, und Rückkehrer*innen, in Selbsthilfegruppen die Möglichkeit, sich über ihre Situation auszutauschen und sich gegenseitig zu unterstützen sowie andere über die Risiken der Migration aufzuklären.

Jugendorganisationen als Mittel zur Migrationsbekämpfung

Neben Migrationskomitees und Selbsthilfegruppen sollen auch Jugendorganisation in den 18 Projektgemeinden in Honduras etabliert werden. Die Jugendlichen werden zu Jugendrechten, Migrationsthemen sowie zu Rechten von Migrant*innen ausgebildet und geben ihr Wissen weiter. Ziel ist es hierbei für eine aufgeklärte Migration zu sorgen, sollten sich die Jugendlichen entschließen Honduras zu verlassen. Zudem schließen sich die Jugendorganisation zu Jugendnetzwerken zusammen, um eine Interessensvertretung bei den Gemeindeverwaltungen zu betreiben und sich für die Erarbeitung von Jugendprogrammen einzusetzen.

Um nicht nur für eine aufgeklärte Migration zu sorgen, sondern den Jugendlichen Bleibeperspektiven zu bieten, unterstützt OCDIH junge Erwachsene aus den Jugendorganisation bei einkommensschaffende Maßnahmen. Die ausgewählten Jugendlichen entwerfen ihr eigenes wirtschaftliches Kleinprojekt – wie z.B. die Gründung einer Schreinerei oder die Eröffnung eines „Tante-Emma-Ladens“ – und bekommen von OCDIH ein Startkapital sowie die nötige Unterstützung durch eine Psychologin in der Planung und Ausarbeitung der Geschäftsidee sowie ihres Lebensplans.

„Familias solidarias“ gewähren Migrant*innen Unterschlupf

Doch was passiert mit den Personen, die sich letztendlich dazu entscheiden, den Migrationsweg einzuschlagen? Wo können sie Unterstützung während der Flucht erfahren?

Sichere Migrationsrouten zeichnen sich dadurch aus, dass die Migrant*innen Unterschlupf während ihrer gefährlichen Reise finden, wie zum Beispiel bei solidarischen Familien. Hierbei handelt es sich um Familien, die Migrant*innen bei der Durchreise unterstützen und sie über ihre Rechte aufklären. Daher arbeitet OCDIH mit der Basisorganisation ACOMUMSAM (Asociación Comunitaria Multisectorial de Monitoreo en Salud y Apoyo al Migrante) im Departamento Petén in Guatemala zusammen, welche über ein großes Netz an solidarischen Familien in den beiden Gemeindebezirken La Libertad und Las Cruces verfügt. Die Route durch Petén ist eine der meist frequentierten Migrationsrouten in Zentralamerika. In den ersten drei Jahren unseres Projekts (2016-2018) wurden bereits 7.098 Migrant*innen bei den 30 solidarischen Familien Unterschlupf gewährt. Hier erholen sie sich von den Anstrengungen der gefährlichen Reise, erhalten Informationen über die weitere Migrationsroute sowie eine medizinische Basisversorgung, bevor sie ihren Weg nach Mexiko oder in die USA fortsetzen.

Projektinfo

Projekt Solidarisches Bündnis für Migrierende und betroffene Familien in Honduras und Guatemala
Ort/Region In Honduras in 18 Gemeinden der drei Gemeindebezirke Nueva Arcadia, San Nicolás und La Florida im Department Copán. In Guatemala in neun Gemeinden der zwei Gemeindebezirke La Libertad und Las Cruces im Department El Petén.
Partner OCDIH (Honduras), ACOMUMSAM (Guatemala)
Zielgruppe Potenzielle Migrant*innen und deren Familien in Honduras, Rückkehrerende Migrant*innen, Migrierende auf der Durchreise in Guatemala, Mitglieder der solidarischen Familien in Guatemala
Aktivitäten
  • Stärkung selbstbestimmter Migrationsentscheidungen und Förderung von „aufgeklärter“ und „sichererer“ Migration in den Herkunftsgemeinden.
  • Stärkung von Migrationskomitees und Selbsthilfegruppen, um den Auswirkungen der Migration begegnen und entgegenwirken zu können.
  • Gesundheitsversorgung, Beratung und Schutz vor Rechtsverletzungen für Migrant*innen.
  • Unterstützung von Familienangehörigen bei der Aufklärung von Fällen vermisster Migrant*innen.
Laufzeit 2019-2024
Budget 80.000 Euro p.a.
Förderer BMZ

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