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04. März 2020

„Somos familia de corazón“ – „Wir sind eine Familie im Herzen“

AWO International unterstützt seit 2013 die nicaraguanische Organisation CANTERA, die Jugendlichen in Problemvierteln in Managua einen Ort zur persönlichen Entfaltung gibt. Unsere Mitarbeiterin Ronja besuchte die Jugendzentren, um das Projekt vor Ort besser kennenzulernen.

Unsere nicaraguanische Partnerorganisation CANTERA schenkt Jugendlichen einen Ort zur persönlichen Entfaltung (Foto: AWO International)
Unsere nicaraguanische Partnerorganisation CANTERA schenkt Jugendlichen einen Ort zur persönlichen Entfaltung.

In der nicaraguanischen Hauptstadt Managua bestimmen kriminelle Banden die Straßen der ärmeren Stadtviertel. Viele Jugendliche rutschen in die Kriminalität, fühlen sich gezwungen sich den Banden anzuschließen und können sich nicht frei entfalten. Unsere Partnerorganisation CANTERA setzt hier an und bietet Jugendlichen und jungen Erwachsenen in fünf Jugendzentren einen sicheren Ort. „Ich wollte tanzen lernen“, erklärt der 17-jährige Yasmir aus Mateare seinen Weg zu CANTERA. Die non-formale Bildungsarbeit der lokalen Nichtregierungsorganisation stärkt die Jugendlichen und zeigt Perspektiven für ein Leben ohne Gewalt und Kriminalität auf – und Perspektiven für ein Leben in Nicaragua, denn viele der Jugendlichen denken aufgrund der politischen Repression und der Wirtschaftskrise, die durch die politische Krise 2018 ausgelöst wurde, über eine Migration in die Nachbarländer nach. AWO International unterstützt die lokale NRO bereits seit 2013 – damals noch mit dem Regionalprogramm zur Gewaltprävention bei Jugendlichen, heute mit dem Schwerpunkt Migration.

Ein Lebensplan für mehr Perspektiven

In den Jugendzentren von CANTERA werden regelmäßig Tanz-, Theater-, Kunst- oder Musikkurse angeboten. Für die kostenlose Teilnahme müssen die Jugendlichen Engagement zeigen: Jede*r der jungen Erwachsenen nimmt am sogenannten „Lebensplan“ teil. Hierbei handelt es sich um ein persönliches Langzeitprojekt zur Persönlichkeitsentwicklung. Die Jugendlichen versuchen sich in der Schule, in zwischenmenschlichen Beziehungen, in ihrem Verhalten, im Selbstschutz und im Engagement in der Organisation zu verbessern. Außerdem stellen sie einen Plan auf, in dem sie ihre Ziele auf kurz-, mittel- und langfristige Sicht aufschreiben. Die Jugendlichen werden hierbei von CANTERAs Sozialarbeiter*innen und Psycholog*innen unterstützt. Auf diese Weise konzentrieren sich die Jungen und Mädchen auch darauf, als Personen zu wachsen und ihre Zukunft besser zu planen. María José, die die Jugendgruppe in San Judas leitet, berichtet, dass viele der Jugendlichen zu Anfang sehr schüchtern oder andere streitsüchtig waren. Heute merkt man davon nichts mehr. Die Teenager sprechen in der Gruppe selbstbewusst über schwierige Themen, wie beispielsweise die eigenen Erfahrungen mit häuslicher Gewalt oder Mobbing in der Schule. Die Jugendlichen haben dank CANTERA gelernt über ihre Probleme zu reden und wissen, dass sie bei ihren Freund*innen und den Betreuer*innen im Jugendzentrum Hilfe bekommen. Mehrmals betonen die Jugendlichen von San Judas im Gespräch: „Somos familia de corazón“ – „Wir sind eine Familie im Herzen“.

Innovative Jugendarbeit

Die Arbeit, die CANTERA mit den Jugendlichen leistet, ist kreativ und ausgesprochen effektiv. In Workshops behandeln die Jungen und Mädchen verschiedenste Themen, wie z.B. Migration, Selbsthilfe oder gewaltfreie Kommunikation. „Wir hatten vor kurzem einen Workshop zusammen mit unseren Eltern. Auf diese Weise hat sich die Beziehung zu meiner Mutter sehr verbessert, da sie nun eine Idee davon hat, was ich in CANTERA mache. Gleichzeitig hat auch sie neue Dinge gelernt und freut sich schon auf das nächste Mal“, erzählt der 16-jähirge Ever aus San Judas. Er berichtet außerdem, dass er dank CANTERA die Courage fand, sich vor seiner Familie als homosexuell zu outen, wodurch nun zudem ein offenerer Umgang mit seiner Mutter möglich ist.

Jugendorganisationen unter Generalverdacht

Doch die Arbeit von CANTERA ist gefährdet: Seit den gewaltvollen Ausschreitungen 2018 hat sich das Land verändert. Zivilgesellschaftliche Organisationen wurden teilweise verboten oder ihre Aktivitäten durch die Regierung stark eingeschränkt. Auch unsere Partnerorganisation musste im April und Mai 2018 vereinzelte Jugendzentren schließen – zu gefährlich waren die Ausschreitungen zwischen Zivilbevölkerung und Polizei. Heute noch steht CANTERA unter Beobachtung durch die lokalen Behörden, denn die Proteste im Frühling und Sommer 2018 wurden hauptsächlich von Student*innen initiiert. Die Jugend in Nicaragua wird daher mit Rebellion und oppositionellem Verhalten in Verbindung gebracht, Jugendorganisationen stehen aus diesem Grund unter Generalverdacht. Umso wichtiger ist es, den Jugendlichen weiterhin einen Ort zu bieten, an dem sie ihre politische Meinung ohne Angst frei äußern können.

„Ich möchte meine Träume verfolgen“

Im November 2019 veranstaltete CANTERA das – von AWO International finanzierte – neunte Jugendcamp im Norden des Landes. Jugendliche aus allen fünf Jugendzentren CANTERAs trafen sich, um ihre Ideen und Träume für ein besseres Nicaragua zusammenzutragen. Die 14-jährige Teilnehmerin Maydel fasst ihre Erfahrung im Camp wie folgt zusammen: „Die Camps von CANTERA sind wichtig, da ich auf diese Weise meine Meinung sagen kann und von anderen gehört werde, genauso wie ich die Meinung der anderen anhöre. Ich gehe zurück nach Hause mit dem Vorhaben, meine Träume und Ziele zu verfolgen. Ich möchte neue Dinge für Nicaragua schaffen, damit dieses Land besser wird. Und ich möchte auch den anderen Jugendlichen helfen, damit auch sie ihre Träume verwirklichen können.“

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